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27.10.2021

Wie Luc im Falkennest sich selber findet

Über mehrere Monate lebte Luc (26) mit einem Geheimnis: Er hatte keinen festen Wohnsitz. Heute wohnt Luc in der Wohngemeinschaft Falkennest in Liestal. Hier fand er nicht nur ein Zuhause, sondern auch einen Ort, wo er seine Vergangenheit aufarbeiten kann.

«Kein Zuhause zu haben, stresst», sagt Luc, «Ich lebte eine Art Doppelleben». Luc war mitten in seiner Lehre als Landschaftsgärtner. Er hatte keinen ruhigen Ort zum Schlafen und Duschen, geschweige denn zum Lernen. Statt ein Zuhause zu haben, pendelte er zwischen dem Sofa bei Kollegen und der Strasse.Immer wieder musste er eine neue Unterkunft suchen. «Ich wollte niemanden ausnutzen und hatte Angst, dass die Kollegen schlecht von mir denken.»

Einsame Kindheit
Luc war von Kindheit an auf sich selbst gestellt. Sein Vater verliess die Familie schon früh. Die Mutter war mit drei Kindern überfordert, frass alles in sich hinein und holte sich keine Unterstützung, um ihre Situation zu verbessern. Chronische Schmerzen machten sie arbeitsunfähig. In der Schule wurde Luc gemoppt. Er blieb bis heute ein Einzelgänger: «Mit Liebe und Gefühle habe ich es nicht so. Ich sage auch nicht, wenn ich Hilfe brauche». Bei seiner Mutter wollte er auf keinen Fall leben. Und so landete er auf der Strasse.

«Da müssen wir eine Lösung suchen!»
Um seinem Chef die Obdachlosigkeit verheimlichen, ging er ihm aus dem Weg. Aber eines Tages kam es doch ans Licht. Luc war einige Male krank oder kam zu spät zur Arbeit. Sein Chef suchte das Gespräch und fand die Wahrheit heraus. «Er sagte mir, das gehe nicht. Da müsse man eine Lösung suchen!» Aber so einfach war das nicht. Luc hatte Betreibungen am Hals. Trotz Unterstützung durch seinen Chef fand er keine Wohnung.

Ein geschütztes Zuhause
Das Amt für Berufsbildung erkannte die Notlage und kontaktierte die Wohngemeinschaft Falkennest. Das Wohnangebot für junge Erwachsene feiert dieses Jahr seinen 25. Geburtstag. Es gehört zur Stiftung Jugendsozialwerk Blaues Kreuz BL und hat zum Ziel, jungen Männern und Frauen mit sozialen Schwierigkeiten einen geschützten Wohnplatz zu bieten. Im Fokus steht die soziale und berufliche Integration.

Auf der Suche nach sich selbst
Endlich kann Luc etwas zur Ruhe kommen. Er kann besser Lernen und nimmt die Unterstützung von anderen an. Das Wichtigste für ihn sind aber die therapeutischen Gespräche mit seiner Betreuerin. Ihr erzählt er sein bewegtes Leben und lernt sich dabei kennen: «Ich wusste vorher nicht, wer ich bin!»

Endlich selbständig werden
Zum ersten Mal ist ein normales Leben greifbar. Luc will finanziell unabhängig werden. Er möchte reisen und eine Beziehung mit einer Frau auf Augenhöhe führen. Sein Wunsch für die Zukunft ist, erwachsen werden und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen: «Wenn ich eine Familie habe, will ich es besser machen als meine Eltern».

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