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09.03.2021

Drogenkonsum fordert Schulen heraus

Tabak, Alkohol und Cannabis sind auch in den Schulen unserer Region ein Thema. Aufgrund einiger Auffälligkeiten im letzten Schuljahr wurde die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Jugenddienst, Offener Jugendarbeit und Polizei intensiviert.

In einer Schweizer Umfrage aus dem Jahr 2018 gab eines von sechs 15-jährigen Mädchen an, schon einmal Cannabis konsumiert zu haben. Bei den 15-jährigen Jungen sind es über ein Viertel der Befragten. Jeder zehnte 15-Jährige trinkt mindestens einmal pro Woche Alkohol. Bei den 15-jährigen Mädchen ist es jedes zwanzigste. Etwa ein Drittel der 15-jährigen Jugendlichen hat schon einmal geraucht. Fünf Prozent rauchen täglich. Dieser Realität müssen sich auch die Schulen der Region Laufen stellen.

Drogen beeinträchtigen Lernprozess
Der Suchtmittelkonsum hat vor allem im Jugendalter negative Folgen. Bei Cannabiskonsum beispielsweise werden unter anderem die Aufmerksamkeitsleistung und die Leistungsfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses vermindert. Beides spielt im Lernprozess eine wichtige Rolle. Die Sekundarschule Laufental erkannte, dass Suchtmittel bei den Schülerinnen und Schülern vermehrt ein Thema sind. Sie lancierte daher Anfang Schuljahr den Austausch unter verschiedenen Akteuren. Dabei wurden auch die unterschiedlichen Rollen der Beteiligten geklärt: Lehrpersonen müssen eine kontrollierende Haltung und eine Null-Toleranz gegenüber Substanzen auf dem Schulareal einnehmen. Die Polizei übernimmt den Part der restriktiven Massnahmen.

Vertrauensschutz hat Priorität
Anders ist die Rolle der Offenen Jugendarbeit. Der Unterschied der Rollen zeigt sich beispielsweise in der Meldepflicht von Lehrpersonen auf der einen und dem Vertrauensschutz von Jugendarbeitenden auf der anderen Seite. Ohne das Mandat der Jugendlichen gibt die Offene Jugendarbeit keine personenbezogenen Informationen an Dritte weiter. Eine Ausnahme bildet die Selbst- oder Fremdgefährdung. Auf dieser Grundlage kann ein intensiveres Vertrauensverhältnis entstehen, als dies bei Lehrpersonen möglich ist. Für die Offene Jugendarbeit ist die Grundvoraussetzung für die Arbeit mit Jugendlichen die Beziehung zu ihnen. In der Beziehungsarbeit bauen Jugendarbeitende eine zuverlässige Beziehung zu den Jugendlichen auf. Dabei muss in einem professionellen Rahmen Vertrauen durch Nähe geschaffen werden.

Eigenen Lebensstil reflektieren
Was die Offene Jugendarbeit mit der Schule verbindet, ist ihr Bildungsauftrag. Einer Sucht als Negativentwicklung kann durch Bildung entgegengewirkt werden. Dabei darf aber Bildung nicht nur auf berufliche oder schulische Qualifizierung reduziert werden. Bildung innerhalb der Offenen Jugendarbeit grenzt sich erkennbar von der formellen Bildung in Schulen ab. So erlangt sie einen anderen, persönlicheren Zugang zu den Jugendlichen und kann ihnen so verschiedenste Themen frei von jeglichem Druck näherbringen. Im Rahmen dieser sogenannten «informellen Bildung» finden bei den Besuchenden der Angebote der Offenen Jugendarbeit unbewusste Lernprozesse statt. Beispielsweise kann in spontan entstandenen Gesprächen das Thema Drogen aufgegriffen werden. Dabei können auf der einen Seite die Jugendlichen ihre Erfahrungen und Erwartungen gegenüber Substanzmittelkonsum schildern. Auf der anderen Seite können die Jugendarbeitenden die Jugendlichen für das Thema sensibilisieren, indem sie in einem Austausch der Erfahrungen, Erwartungen und Gefahren darauf aufmerksam machen, dass der Umgang mit Drogen nicht zu unterschätzen ist. Dabei verzichten sie bewusst auf moralische Vorträge mit erhobenem Zeigefinger. Ziel dieser Bildungsvermittlung ist es, selbstreflektierte Prozesse in den Jugendlichen und einen reflektierten Umgang mit dem eigenen Lebensstil zu aktivieren.

Zusammenarbeit mit Drogenberatungsstellen
Ein weiteres Resultat des Austauschs Anfang Schuljahr war die Planung einer Zusammenarbeit zwischen Sekundarschule und der Offenen Jugendarbeit. Die Offene Jugendarbeit Region Laufen ist ohnehin bestrebt, die Zusammenarbeit mit den regionalen Schulen voranzutreiben. Zusätzlich hat man sich dazu entschieden, in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen wie einer Drogenberatungsstelle mit interessanten Projekten für Jugendliche anzubieten, die Jugendliche zusätzlich für den Umgang mit Substanzmitteln sensibilisieren. Im Januar dieses Jahres fand an den beiden Standorten der Sekundarschule Laufental – Zwingen und Laufen – je ein Blockvormittag zum Thema Sucht mit insgesamt vier verschiedenen Klassen statt. Die Suchthilfe Region Basel und die Lungenliga übernahmen dabei die Rolle der Experten und informierten über verschiedene Süchte. Das Team der Offenen Jugendarbeit konnte sich auf die Beziehungsarbeit fokussieren, mit dem Ziel, dass sich die Jugendlichen durch das Vertrauensverhältnis zum Thema öffnen.

Unterstützung für die Eltern
Ähnlich wie für Jugendarbeitende ist auch für Eltern zur erfolgreichen Bearbeitung des Themas Sucht und Drogen ein Vertrauensverhältnis Grundvoraussetzung. Laut Sucht Schweiz zeigen Jugendliche einen deutlich geringeren Suchtmittelkonsum, wenn es ihnen leichtfällt, mit erwachsenen Personen über Sorgen zu sprechen. Zudem ist es erwiesen, dass Jugendliche, deren erwachsenen Bezugspersonen über ihr Freizeitverhalten Bescheid wissen, weniger Suchtmittel konsumieren. Es ist also von elementarer Bedeutung, ein Klima des gegenseitigen Vertrauens zu fördern, damit Jugendliche über ihre Sorgen sprechen können. Dies bedingt, dass sich die Eltern für Aktivitäten, Hobbys und insbesondere Freundinnen und Freunde der eigenen Kinder interessieren. Schliesslich sind Eltern die wichtigsten Akteure der Prävention.

Eltern, die sich über Jugendthemen wie beispielsweise den Umgang mit Süchten und Drogen informieren möchten, können sich jederzeit an die Offene Jugendarbeit Region Laufen wenden. Diese bietet Coachings und Workshops für Jugendliche an. Die Familien- und Jugendberatung Helpnet ist während 24 Stunden erreichbar für Jugendliche, junge Erwachsene und Eltern: Telefon 0840 22 44 66 (8 Rp. / Minute). Nach einer ersten telefonischen oder virtuellen Kurzberatung bietet die Abteilung Kind.Jugend.Familie KJF professionelle und vertrauliche Beratungsgespräche in Liestal an. Das Erstgespräch ist kostenlos.

Vertiefte Informationen über Süchte und Drogen finden sie auch auf Webseiten wie suchtschweiz.ch oder know-drugs.ch.

Anhang:

Beunruhigende Entwicklung beim Medikamentenmissbrauch
Eine neue Entwicklung gibt es im Bereich des Medikamentenmissbrauchs. Beruhigende und angstlösende Medikamente oder Schmerzmittel wie Xanax und Tilidin werden auch in der Schweizer Jugendszene zu Rauschzwecken missbraucht. Xanax ist ein Benzodiazepin, Tilidin ein Opioid, beides rezeptpflichtige Medikamente, die vermutlich mehrheitlich über den Schwarzmarkt bezogen werden. Diese Tatsache macht den Missbrauch umso problematischer, da der Konsument nicht weiss, woher das Medikament ursprünglich stammt. Die Gefahr der Verunreinigung durch andere Substanzen und einer Überdosierung ist so noch grösser. Die Medikamente sorgten in den letzten Jahren für Schlagzeilen, da es in der Schweiz wegen Überdosierungen und Mischkonsum bereits zu einigen Todesfällen kam. Es wird vermutet, dass diese Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind. Weil sich dieser Medikamentenmissbrauch in der Schweiz erst seit einigen Jahren etabliert, gibt es praktisch keine Forschungsergebnisse und statistischen Erhebungen. Eine erste, bekannte Schülerbefragung ergab, dass bei 15-Jährigen etwa eine Person pro Schulklasse bereits Erfahrungen mit Xanax oder Tilidin gemacht hat. Auch das in Hustensaft enthaltene Codein stösst auf grosse Beliebtheit bei Jugendlichen.

Die rasante Entwicklung der letzten Jahre ist wohl auch mit dem glorifizierenden, oftmals unreflektierten Besingen der Substanzen durch Hip-Hop-Künstler – grösstenteils aus den USA, seit einigen Jahren aber auch aus Deutschland und der Schweiz – zu erklären, was die Neugierde von Jugendlichen zusätzlich weckt.

Autor:
Dario Plattner
Mitarbeiter Offene Jugendarbeit Region Laufen
Soziale Arbeit FH, i.A.

 

 

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