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01.02.2024

Nina’s Sehnsucht nach Ruhe

Der Dauerstreit der Eltern prägte Ninas Kindheit. Drogen brachten zunächst etwas Frieden, aber auch fast den Tod.

«Ich kenne nur Schreien zu Hause, seit meiner Geburt», erzählt Nina. Die 19-jährige hat sich an den lauten Streit zu Hause so gewöhnt, dass sie noch heute nur mit lauter Musik lernen kann. «Meine Mutter suchte immer Streit. Nachdem mein Vater die Familie verlassen hatte, entstand regelmässig ein Konflikt zwischen ihr und einem meiner Brüder». Die aufgeladene Atmosphäre prägte Nina und ihre zwei Geschwister. Kaum ein Babysitter hielt es bei der Familie lange aus. Sie wurden als die «furchtbaren Drei» betitelt. Und doch sehnte sich Nina nach einem friedlichen Leben.

Mit 13 erste Drogenerfahrung
Ninas ältere Brüder experimentierten bald mit verschiedenen Drogen und zogen die damals 13-jährige Nina mit hinein. Es begann mit Alkohol und mit Cannabis. Über einen Freund kam sie an Magic Mushrooms, Kokain, Ecstasy und weitere Halluzinogene. Nach einem sogenannten «bad Trip» liess sie für kurze Zeit die Finger von den Drogen.

Niemand schlug Alarm
Niemand in ihrem Umfeld bemerkte den Drogenmissbrauch und den grossen Stress, dem Nina ausgesetzt war. Ihre schulischen Leistungen und ihr Gesundheitszustand verschlechterten sich. Sie musste dauernd erbrechen und verlor immer mehr an Gewicht. Aber weder Eltern noch Lehrer oder Ärzte schlugen Alarm.

Klinisch tot
Mit 15 Jahren stand Ninas Leben auf Messers Schneide. Sie machte drei Tage durch und konsumierte eine Überdosis Kokain. Sie wurde bewusstlos und war einige Minuten lang klinisch tot. In einer Nahtoterfahrung sah sie, wie sie erstickte. Ihr Leben lief an ihr vorüber. Alles wurde hell und sie begegnete ihren Vorfahren und einem guten Freund, der selbst an einer Überdosis gestorben war.

«Ich wäre auf der Strasse gelandet»
Dieses Erlebnis war einschneidend. Nina entschied sich für ein Leben ohne Drogen. Sie sehnte sich nach Ruhe und wünschte sich Freunde, die nichts mit Drogen zu tun hatten. Nach einer Stabilisierungsphase in einem Heim zog sie in eine eigene Wohnung mit Begleitung der Jugendwohngruppen im Park. Auf diese Weise konnte sie ihre Selbständigkeit ausbauen. Wenn Schwierigkeiten oder Krisen auftraten, fand sie in ihrer Betreuerin Romana Aeby Unterstützung. «Sie war für mich fast wie eine Mutter. Sie half mir eine Struktur im Leben zu finden und Ziele zu setzen». Dank dieser Begleitung schaffte sie es, im August 2023 ihre Ausbildung zur Dentalassistentin EFZ erfolgreich abzuschliessen. «Ohne Romana und dem Park wäre ich wohl auf der Strasse gelandet».

Vertrauen und ein offenes Ohr
Nina ist es wichtig, dass Eltern ihren Kindern Freiraum geben, damit sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln können. «Das funktioniert, wenn die Kinder ihren Eltern vertrauen können und wenn die Eltern ihren Kindern zuhören, und umgekehrt genauso». Die Beziehung zu ihrer Familie konnte Nina wieder neu aufbauen. Sie lebt mit ihrem Freund in der eigenen Wohnung, hat eine Stelle in einer Zahnarztpraxis und denkt darüber nach, die Matura nachzuholen und zu studieren.

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